Da läuft man entspannt vom Parkplatz zum Markt, hat noch die fetzige Musik des Autoradios im Ohr und trällert den letzten Refrain. Plötzlich hört man merkwürdige Klänge schallen, die von seltsam gekleideten Gestalten auf exotischen Instrumenten erzeugt werden. Wie würden Sie die Musik eines Spielmannszugs beschreiben? "Tja, klingt etwas quäkig, und die Trommeln sind ziemlich laut!"- "Das da sieht aus wie eine ausgerollte Trompete, aber wo sind die Knöpfe, wie kommen da Töne raus? Und was sind das überhaupt für Gestalten?

Das Grammophon wurde erst im 19. Jahrhundert erfunden und wer vor dieser Zeit Musik hören wollte, musste sie schon selbst machen oder von Musikern machen lassen .Somit war die Musik immer etwas besonderes und eine Melodie hatte eine viel größere Überlebenschancen im Ohr des Zuhörers. Die Musikanten lernten ihr Repertoire allein durch Zuhören denn eine geeignete Notenschrift, wie wir sie heute kennen, wurde erst spät im Mittelalter entwickelt. Deshalb stehen uns auch nicht besonders viele Quellen zur Verfügung. Über die Instrumente erfahren wir viel aus Bildern.

Die meistbenutzten Melodieinstrumente im Mittelalter waren Krummhörner, die wie eine Blockflöte mit Angelhaken aussehen, der Dudelsack und die Drehleiter. Da die Melodieinstrumente, hauptsächlich die Blasinstrumente, meist einen recht kleinen Tonumfang hatten, waren die Melodien aus entsprechend angelegt. Aber was an Tönen fehlte, wurde durch Rhythmus wettgemacht. So sind Trommeln und Schlaginstrumente aller Art sehr wichtig, und jeder Spielmann, der etwas von sich hält, trägt Glöckchen an Fuß oder Arm, was gar lustig anzusehen und anzuhören ist. Aber so ein lustiges Leben führten die Spielleute gar nicht. Die Sesshaften haben ja schon immer ein zwiespältiges Verhältnis zu den fahrenden Sängern und Gauklern. Auf der einen Seite faszinierte sie die Musik und Gaukelei und sie interessierten sich für die Nachrichten aus der fremden Welt, die sie mitbrachten, auf der anderen Seite waren sie den fahrenden Spielleuten gegenüber misstrauisch, was am nächsten Tag fehlen würde. Hab und Gut oder vielleicht gar die Tochter selbst? Für die Herrschenden waren das fahrenden Volk Aufwiegler – denn nur dumme Untertanen sind gute Untertanen, je enger der Horizont desto besser.

So kam es, dass Spielleute im ersten Morgengrauen schon aus der Stadt verschwunden sein mussten, oder gar schon bei Sonnenuntergang. Zum Teil blieb sogar der, der einen Spielmann erschlug, praktisch straffrei – und dabei durften sich die Spielleute noch nicht einmal wehren! Und die lustigen Glöckchen waren ebenso wie auffällige Kleidung zunächst nur eine Kenntlichmachung, zu der die fahrenden Musikanten verpflichtet wurden, solange sie in den Mauern weilten. Harte Zeiten also, aber Künstler sind ja am kreativsten, wenn sie leiden. Und an Kreativität bestand wohl kein Mangel, Improvisation und reiches Ausschmücken der Melodien war ein Merkmal der mittelalterlichen Musik. Viele der (wenigen) überlieferten Noten sind sehr rhythmische Tänze. Man kann sich gut vorstellen, wie ich die Musikanten und die wirbelnden Tänzer immer schneller und wilder und die Melodien immer kühner ausgeschmückt wurden.

Der Spielmann, wie man ihn auch heute oft auf mittelalterlichen Märkten findet, bevorzugt aber die einfachen , rhythmischen Melodien, mit einer einfachen Begleitstimme. Und wenn auch die Freude der Zuhörer der schönste Lohn eines Musikanten ist, so kann er davon doch nicht leben.

„So ihr denn also auf dem Markte Spielleute begegnet, so seied ihres schweren Loses eingedenkt und gebet reichlich Handgeklapper als auch Taler.“